Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.12.2024, AZ 4 Ws 154/24
Ausgabe: 10-12/2024
1.
Erkenntnisse aus der Auswertung des über den Kryptomessenger-Dienst ANOM geführten Chatverkehrs sind unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Verwendungsschranke des § 100e Abs. 6 StPO verwertbar. Eine Beweisverwertung derart erlangter Daten ist demnach stets unzulässig, sofern diese den Kernbereich privater Lebensführung i. S. v. § 100d Abs. 2 S. 1 StPO betreffen. Darüber hinaus dürfen die Erkenntnisse in einem Strafverfahren ohne Einwilligung der überwachten Person nur zur Aufklärung des Verdachts einer Katalogtat i. S. v. § 100b Abs. 2 StPO oder zur Ermittlung des Aufenthalts der einer solchen Straftat beschuldigten Person verwendet werden. Ferner sind die einschränkenden Voraussetzungen des § 100b Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO zu beachten, wonach die Straftat auch im Einzelfall besonders schwer wiegen und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein muss.
2.
Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Katalogtat i. S. v. § 100b StPO erfüllt sind, ist auf den Zeitpunkt der Verwendung der Beweisergebnisse abzustellen. Vor dem 01.04.2024 im Zuge der Überwachung der „ANOM“-Chats erlangte Erkenntnisse sind demnach nur verwertbar, wenn die betreffenden Delikte auch im Verwertungszeitpunkt noch den Anforderungen des § 100e Abs. 6 StPO genügen, wenn sie also auch nach Inkrafttreten des KCanG zum 01.04.2024 noch als Katalogtaten i. S. v. § 100b Abs. 2 StPO einzustufen sind.
Weitere Informationen: https://www.justiz.nrw/nrwe/olgs/hamm/j2024/4_W…