Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 22.10.2024, AZ 2 U 86/23

Ausgabe: 10-12/2024

Der abrechenbare Aufwand eines mit der Verteidigung beauftragten Rechtsanwalts kann steigen, je mehr ein Beschuldigter durch sein Verhalten und seine Einlassung die Aufklärung erschwert und den Verdacht gegen ihn vertieft (hier: zur Herkunft von 394.050 € Bargeld in einem Koffer). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung der Berufung der beklagten Rechtsanwälte teilweise stattgegeben, die von ihrem Mandanten auf Rückzahlung vereinnahmten Rechtsanwaltshonorars in Anspruch genommen worden waren.

Der Kläger hatte einem Dritten einen ihm gehörenden Geldbetrag in Höhe von 394.050 € bar in kleiner Stückelung in einem Koffer zum Weitertransport in die Türkei am Flughafen Frankfurt am Main übergeben. Nachdem der Geldtransport am Flughafen aufgefallen war, stellte das Zollfahndungsamt das Geld zur Durchführung eines Clearing-Verfahrens wegen des Anfangsverdachte der Geldwäsche sicher. Der Kläger hatte angegeben, dass ihm das Geld von seiner Mutter geschenkt worden sei.

Nachfolgend beauftragte der Kläger die beklagte Rechtsanwaltskanzlei, seine Rechte im zollrechtlichen Bußgeldverfahren und dem Clearing-Verfahren wahrzunehmen. Er schloss mit ihr eine Vergütungsvereinbarung, die einen Stundensatz von 400 € sowie eine Mindestpauschale i.H.v. 2.000 € – jeweils zuzüglich Umsatzsteuer – vorsah. Nachdem das Amtsgericht die Beschlagnahme der Geldscheine angeordnet hatte, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Geldwäsche ein. Die Beklagte zog Anwaltshonorar in Höhe von 14.500 € vom klägerischen Konto für berechnete 23:50 Stunden ein.

Der Kläger verlangt nun Rückzahlung dieses Betrags mit Ausnahme der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren, d.h. knapp 14.000 €. Er hält die Vergütungsvereinbarung für nichtig und bestreitet, dass die Beklagte wie abgerechnet tätig gewesen sei. Das Landgericht hatte die Beklagte zur Zahlung von rund 11.700 € verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die vor dem OLG teilweise Erfolg hatte.

Dem Kläger stehe nur ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. rund 6.700 € zu, führte das OLG aus. Dieser Rückzahlungsanspruch ergebe sich teilweise bereits daraus, dass die Beklagte über den sich rechnerisch auf Basis ihres Vortrags ergebenden Betrag von 11.058,66 € (23,5 Stunden mal 400 € zzgl. USt) hinaus tatsächlich 14.500 € abgerechnet habe.

Im Übrigen folge er daraus, dass die Beklagte zwar 16,5 Stunden nachweisbar tätig gewesen sei, jedoch keine darüber hinausgehenden Tätigkeiten berechnen könne. Ohne Erfolg wende sich der Kläger dabei gegen die Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarung. Die Beklagte habe ihren Aufwand auch zurecht damit begründet, dass es sich um spezielle zollrechtliche Fragen gehandelt habe. Belegt sei schließlich, dass sich besondere Schwierigkeiten bei der Rechtewahrnehmung aus dem Vortrag des Klägers ergeben hätten. Seine unklaren Ausführungen bei der Eingangsberatung hätten in Einklang mit den Unterlagen gebracht werde müssen. Erschwert sei dies dadurch, dass der Kläger unterschiedliche, teilweise nicht nachvollziehbare und von der Behörde als unglaubhaft angesehene Angaben gemacht habe. „Der Anwalt darf nicht jede Darstellung des Mandanten ungeprüft als Einlassung weitergeben, um im Hinblick auf seine Pflicht zur effektiven Vertretung die Position des Mandanten nicht durch abwegige und widersprüchliche Einlassungen zu verschlechtern“, erläuterte das OLG, „je mehr ein Beschuldigter durch sein Verhalten und seine Einlassung die Aufklärung erschwert und den Verdacht gegen ihn vertieft, desto größer ist der Aufwand, den sein Verteidiger benötigt, um für eine stringente Einlassung und effektive Verteidigung eine entsprechende Strategie zu entwickeln“.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

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