OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2024, AZ III-7 St 1/23

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Nr. 54/2024, vom 25.11.2024

Urteil in dem Staatsschutzverfahren Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Revolutionäre Volksbefreiungsfront (DHKPC)“

Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute (25. November 2024) unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Lars Bachler den 60-jährigen türkischen Staatsangehörigen C. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, die 43-jährige türkische Staatsangehörige E. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und den 38-jährigen deutschen Staatsangehörigen K. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (DHKP-C) verurteilt.

Nach den Feststellungen des Senats fungierte C. spätestens seit Januar 2016 als „Regionsverantwortlicher“ der DHKP-C für die Gebiete der Region Süd (Frankfurt/Darmstadt, Saarbrücken, Stuttgart, Ulm, München, Augsburg und Nürnberg). Im Rahmen dieser Tätigkeit gab er Weisungen der übergeordneten Deutschland- und Europaführung der DHKP-C an die nachgeordneten Gebietsleiter weiter und berichtete umgekehrt Informationen der Gebietsleiter über die Entwicklungen in den Gebieten an die übergeordnete Führung. Daneben beschaffte er für die Vereinigung Finanzmittel und war in die Organisation gefälschter Ausweispapiere für verdeckt agierende Vereinigungsmitglieder und die Suche nach Wohnungen involviert. Auch nach Aufgabe seiner Position als Gebietsverantwortlicher beteiligte er sich noch bis Februar 2022 an diversen Propagandaveranstaltungen mit Bezügen zur DHKP-C.

E. war seit Januar 2003 in der DHKP-C aktiv. Als Mitarbeiterin im zentralen Pressebüro der Vereinigung in Amsterdam leitete sie in verantwortlicher Position organisationsinterne Mitteilungen weiter, nahm Gelder entgegen und wirkte bei der Übermittlung von gefälschten Ausweisdokumenten mit. Sie blieb auch in den folgenden Jahren in die DHKP-C eingebunden. Im Juni 2014 organisierte sie ein Konzert in Deutschland, dessen Erlöse für die DHKP-C bestimmt waren, und zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 nahm sie an mehreren Versammlungen teil, auf denen sie Vorschläge zur Tätigkeit der DHKP-C in Istanbul machte, ferner war sie Februar bis Juni 2016 in Schulungsaktivitäten der Organisation eingebunden. Spätestens ab Januar 2017 übernahm sie eine hochrangige Kaderfunktion in der Organisation in Deutschland. Ob es sich dabei um die Funktion der „Deutschlandverantwortlichen“ handelte – so der Anklagevorwurf – oder ob sie in einer der Europaführung zu- oder nachgeordneten Funktion eine Aufgabe übernahm, konnte nicht sicher festgestellt werden. Jedenfalls fungierte sie in der Zeit von März bis mindestens September 2017 als Führungsfunktionärin für den in Ulm und Umgebung tätigen DHKP-C-Aktivisten A., der im überwiegenden Teil dieses Zeitraums, nämlich vom 26. April 2017 bis zum 6. Oktober 2017, zugleich mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenarbeitete. Seine Aufgabe bestand darin, dem BfV über die Aktivitäten der Organisation zu berichten, insbesondere über Schleusungsaktivitäten nach Griechenland und damit verbundene Anschlagsvorbereitungen. Die Angeklagte korrespondierte regelmäßig mit A., die Korrespondenz betraf vielfältige Tätigkeiten des A., darunter die Bestimmung von Kurieren für den Transport von Gegenständen in die Türkei, die Schleusung von Personen nach Griechenland, die Beschaffung „sauberer“ Wohnungen zur vorübergehenden Nutzung und mehrfach die Beschaffung gefälschter Ausweisdomente. In der Zeit von Oktober 2017 bis zu ihrer Festnahme im Mai 2022 blieb die Angeklagte weiterhin in hochrangiger Kaderposition in die DHKP-C eingebunden. Auch sie beteiligte sich bis Februar 2022 an verschiedenen Propagandaveranstaltungen.

K. betätigte sich ab Sommer 2014 zunächst als Mitglied eines Jugendkomitees und ab Sommer 2015 als „Gebietsverantwortlicher“ im Raum Hamburg sowie zweitweise als „Regionsverantwortlicher“ für die Region Nord (Hamburg, Bremen und Berlin) für die Vereinigung. In dieser Funktion kontrollierte er die Umsetzung von Weisungen der übergeordneten Deutschland- und Europaführung bei den nachgeordneten Kadern und Aktivisten und berichtete der DHKP-C-Führung über die Entwicklung in den ihm unterstellten Gebieten. Auch wirkte er an der Beschaffung von Finanzmitteln für die Vereinigung sowie von gefälschten Ausweispapieren und bei der Suche nach Schleusungsmöglichkeiten für verdeckt agierende Vereinigungsmitglieder mit. Nach Aufgabe seiner Kaderfunktion beteiligte sich auch K. noch bis Ende 2018 an diversen Propagandaveranstaltungen der DHKP-C.

Bei der Bemessung der Strafe hat der Senat zugunsten aller Angeklagten ihre jeweils besonderen Erschwernisse im Rahmen der Untersuchungshaft, die Dauer des Verfahrens sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Angeklagten in Deutschland nicht vorbestraft sind. Zugunsten des Angeklagten C. fiel darüber hinaus strafmildernd seine Inhaftierung in der Türkei, zugunsten der Angeklagten E. deren familiärer, den Anschluss an die Vereinigung begünstigender Hintergrund und zugunsten des Angeklagten K. unter anderem seine nunmehr veränderten Lebensverhältnisse ins Gewicht. Zu Lasten aller Angeklagten hat der Senat die Gefährlichkeit der Vereinigung berücksichtigt sowie die Umstände, dass sich die Angeklagten jeweils über einen längeren Zeitraum betätigt haben und herausgehobene Stellungen innerhalb der Vereinigung innehatten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Das schriftliche Urteil wird erst in einigen Wochen vorliegen. Wenn es zugestellt und anonymisiert ist, wird es in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de eingestellt werden.

Aktenzeichen: III-7 St 1/23

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