BGH, Beschluss vom 20.07.2023, AZ 3 StR 414/22; 3 StR 108/23

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, Nr. 117/2023, vom 20.07.2023

Hawala-Banking-Organisation: Verurteilungen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen
Vereinigung in zwei Verfahren bestätigt

Beschlüsse vom 1. Juni 2023 – 3 StR 414/22 und vom 28. Juni 2023 – 3 StR 108/23

Das Landgericht Köln hat in einem ersten Verfahren mit Urteil vom 23. Mai 2022 drei Angeklagte des vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie teilweise zudem der Unterschlagung schuldig gesprochen. Es hat gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren sowie zwei Jahren und acht Monaten sowie eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verhängt; außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. In einem weiteren Verfahren hat das Landgericht Köln einen Angeklagten mit Urteil vom 6. Dezember 2022 wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie Geldwäsche zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsanordnungen getroffen.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten im Wesentlichen verworfen; lediglich in dem ersten Verfahren hat er bezüglich einer Angeklagten die Einziehungsentscheidung korrigiert.

Nach den vom Landgericht in beiden Verfahren getroffenen Feststellungen schlossen sich die Angeklagten sowie zwei nicht revidierende Mitangeklagte zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab dem Jahr 2016 mit weiteren Personen zu einer konspirativ vorgehenden und arbeitsteilig organisierten Gruppierung unter der Führung eines gesondert Verfolgten zusammen. Die Organisation war darauf ausgerichtet, unter Gewährung absoluter Anonymität außerhalb des staatlich beaufsichtigten Finanzsektors provisionspflichtige Finanzdienstleistungen in Form von Geldtransfers nach Art des sog. Hawala-Bankings durchzuführen. Sie transferierte im Tatzeitraum von Februar 2018 bis zum 19. November 2019 Vermögenswerte im Gesamtwert von über 356 Millionen Euro von Deutschland in die Türkei. Das zweite Verfahren betraf den Tatzeitraum von April 2018 bis 29. Januar 2019.

Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen in beiden Verfahren die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Rechtsmittel hatten – mit Ausnahme einer Einziehungsentscheidung, die der Senat korrigiert hat – keinen Erfolg, da die durch sie veranlasste Überprüfung des Urteils keinen sonstigen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Der Senat hat damit erneut die rechtliche Qualifizierung einer ein Hawala-Banking-System betreibenden Organisation als kriminelle Vereinigung im Sinne von § 129 Abs. 2 StGB – wie bereits in seinen Entscheidungen vom 2. Juni 2021 (3 StR 61/21) und vom 28. Juni 2022 (3 StR 403/20) – bestätigt. Die Urteile des Landgerichts sind nunmehr rechtskräftig.

Vorinstanz:
LG Köln – Urteil vom 23. Mai 2022 – 109 KLs 5/21 – 115 Js 295/21 – 115 Js 500/21 sowie LG Köln – Urteil vom 6. Dezember 2022 – 109 KLs 7/22 – 115 Js 897/18

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 129 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 StGB lauten:

(1) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. 2Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.
(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.
(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

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