OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2022, AZ 5 RBs 123/22
Ausgabe: 11-12/2022
1.
Die Frage, wann es sich um „handwerklich hergestellte Güter“ i.S. der Ausnahmeregelung des Art. 3 Buchst. aa) Unterbuchst. ii) der VO (EG) 561/2006 handelt, ist weder in der Verordnung noch in den weiteren Verweisungsvorschriften näher geregelt. Eine Übertragung der deutschen Regelungen zu Handwerksbetrieben, insbesondere der Handwerksordnung, ist aufgrund der gemeinschafts- und unionsrechtlichen Prägung des Tatbestandes nicht ohne weiteres möglich. Der Umstand, dass der Betrieb der Handwerksordnung unterliegt und als Meisterbetrieb in der Handwerksrolle eingetragen ist, ist daher kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen Auslegungsregeln, wozu insbesondere die Zielsetzung des Normgebers zählt. Als Ausnahmevorschrift ist der Tatbestand grundsätzlich eng auszulegen.
2.
Eine überwiegend automatisierte Fertigung und eine ausgeprägte Arbeitsteilung durch auf einzelne Arbeitsschritte spezialisierte Arbeitskräfte sprechen eher für eine industrielle Fertigung. Manuelle Handarbeit durch umfassend handwerklich ausgebildete Mitarbeiter – wenn auch unter Mithilfe von Maschinen – und die Mitarbeit und Begleitung des gesamten Arbeitsprozesses durch den Inhaber legen eher eine handwerkliche Fertigung nahe.
Weitere Informationen: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2022/…